Backtriebmittel haben es nicht leicht. Der Name klingt sehr technisch in der sinnlichen Welt des Backens. Wir sehen schöne Bilder von Torten, Kuchen und Gebäck und dazwischen tauchen die Namen Backpulver, Natron oder Weinstein auf. Ein Hauch von Chemie liegt in der Luft. Ist das gesund? Kann man das ersetzen?
Warum führe ich diesen Test durch? Ich möchte schauen, wie sich die Mittel unterscheiden. Wie reagieren sie bei gleichen Bedingungen. Ich mag den Satz »Versuch macht klug.« Wenn jemand den Geschmack von Backpulver nicht mag oder es nicht verträgt oder für ungesund hält, kann er so zu Natron wechseln oder Weinstein. Kreativität erfolgt auch auf der Basis von Wissen. So erzielt man die besten Ergebnisse – glaube ich.
Was bewirken Backtriebmittel grundsätzlich?
Durch einen chemischen Prozeß entwickeln sich Bläschen, die den Teig aufgehen lassen. Dadurch wird er fülliger und luftiger. Mehr möchte ich dazu gar nicht schreiben. Das haben andere schon wunderbar beschrieben. Zum Beispiel die Brigitte oder Schrot und Korn.
Meine Testkandidaten
Backpulver, Natron und Reinweinstein.
Wie wurde getestet?
Ich habe einen veganen Teig gewählt, weil keine Eier oder ähnliches verwendet werden. Hier können Backtriebmittel so richtig zeigen, was sie können.
Der Teig ist abgeleitet von einem veganen Schokikuchen. Ich schreibe das Rezept deshalb auch hier nicht auf, weil ich ja einige Zutaten reduziert habe – wie Schokolade, Zucker etc.
Der Herd (Umluft) wird vorgeheizt auf 170 °.
Jeder Teig wird kurz vorm Backen hergestellt und dann ohne langes Stehen in den Herd geschoben (mittlere Schiene). Die Backzeit beträgt exakt 20 Minuten.
Von jedem Backtriebmittel wird 1 gehäufter TL genommen.
Und hier die Ergebnisse von Herrn Grün
Testergebnisse in der Beschreibung
Natürlich sind diese Ergebnisse subjektiv bewertet. Auch die Bedingungen sind von mir gewählt und können in jeder Küche anders sein. Ich glaube dennoch, dass die Ergebnisse einen kleinen Eindruck vermitteln.
Die etwas schiefe Form des Backpulver- bzw. des Weinsteinteiges kommt vom Gebläse des Umluftherdes. Normalwerweise drehe ich die Kuchen während des Backens immer mal wieder. Das habe ich im Test nicht getan.
Backpulver
Der Teig ging recht gut auf. Er war nicht sonderlich fluffig. Im Vergleich zu der Natron- bzw. Weinsteinvariante wurden weder die Farbe des Kakaos noch der Geschmack gefördert oder unterstrichen. Der Teig schmeckte uninspiriert.
Nach 4 Stunden Wartezeit ohne Abdeckung wirkte er doch eher trocken und fade.
Natron
Der Teig kam schon beim Rühren ganz schön in Wallung. Damit das Natron überhaupt reagiert, wurde 1 EL weißer Essig zugesetzt. In die Springform gegossen, entwickelte er sich gleich nach oben, ließ sich auch vom Gebläse des Umluftherdes nicht irritieren und bildete eine schöne Kuppelform.
Der Teig außen kross und innen schön fluffig. Die Farbe wunderbar schokoladig. Ein aromatischer Geschmack mit einer leichten Bitternote. Ich hatte ja die Einheitsvariante 1 TL von jedem Pulver gewählt. Ich denke, man sollte weniger Natron nehmen. Ich war überrascht, wie gut der Natronteig gelungen war. Allerdings war er im Verhältnis zu den beiden anderen Teigvarianten etwas schwerer aus der Form zu lösen. Auch nach 4 Stunden an der Luft verlor er seine Fluffigkeit nicht.
Reinweinstein
Dieser Teig ging nicht so gut auf wie die beiden Vorgänger. Er hatte eine schöne weiche Konsistenz und ein erstaunlich aromatischen Geschmack, der mich überzeugte. Mir gefiel das Ergebnis. Vielleicht sollte man etwas mehr Pulver nehmen. Auch nach vier Stunden gab er nicht auf und besaß auch dann noch eine gute Konsistenz und ein gutes Aroma.
Ein kurzes Fazit
Der Backpulverteig überzeugte mich gar nicht. Er schmeckte zu trocken und ohne Pepp. Ein Grund mehr Alternativen auszuprobieren.
Ich war überrascht von der Konsistenz und dem Geschmack der beiden anderen Kandidaten: Natron und Weinstein. Hier lohnt es sich sicherlich, einige Erfahrungen zu sammeln.
Ich hoffe, ich habe Ihnen mit meinem kleinen Test einen kleinen Eindruck vermitteln können.
Nachtrag 18. Februar 2015:
Mittlerweile verwende ich immer 1 geh. TL Reinweinstein und 1 MS Natron (wenn im Rezept 1 TL Backpulver angegeben sind). Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. Damit das Natron auch ‘zündet’ bitte noch 1 TL Essig oder Zitronensaft hinzugeben.
Laura – eine Leserin (siehe auch Kommentar) hat mir freundlicherweise geschrieben, dass Reinweinstein (wenn nicht aus der Apotheke) auch Natron enthält. Ich verwende Reinweinstein von Alnatura und da ist es tatsächlich der Fall.
Wenn Sie Fragen haben – gerne.
Viele Grüße von Herrn Grün
Herr Grün meint
Hallo Toni! Ich finde es gut, wenn man wählen und eventuell sogar mischen kann. Manche Muffin-Rezepte z.B. verwenden Backpulver und Natron. Danke für das Kompliment:) Viele Grüße von Herrn Grün
charly meint
Danke für den Test 🙂
Ich vermute Du hast “normales”, glutenhaltiges Mehr genommen?
Falls Du nochmal Lust auf so ein Experiment hättest, würdest Du bitte mal eine glutenfreie Variante ausprobieren?
(Und falls Du jetzt denkst: “pfft… soll die doch selbst machen” …. meine Backkünste sind.. naja… eher mies 😉
Das wäre entsprechend nicht gerade repräsentativ 😛 )
Liebe Grüße,
~charly
Herr Grün meint
Hallo Charly! Ich habe ‘normales’ Mehl 405 verwendet. Sicherlich werde ich in Zukunft auch noch mehr glutenfrei backen. Das Thema interessiert mich auch. In meinem Keksspecial 2013 gibt es auch eine glutenfreie Keksvariante. Also – vielleicht werde ich die Backtriebmittel auch einmal mit Reismehl und Konsorten testen. Viele Grüße von Herrn Grün
charly meint
Vielen lieben Dank für die Antwort 🙂
Da wart ich mal gespannt ab
~charly
Ronja meint
Danke für die tolle Zusammenstellung! Wirklich super 🙂
Liebe Grüße,
Ronja
Jessi [Luxuria] meint
Vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast, diese verschiedenen Backtriebmittel zu testen.
Die Ergebnisse finde ich super spannend und werde sie bestimmt in meinen Backalltag mit einfließen lassen.
Weiter so!
Lena meint
Sehr interessanter Test!
Hast du reiner Weinstein aus der Apotheke genommen oder Weinsteinbackpulver aus dem Bioladen? Das Weinsteinbackpulver enthält ja auch noch Natron…
Für den Test empfehle ich dir Ober-/Unterhitze zu verwenden, das ergibt ein gleichmäßigeres Ergebnis und ist besser für den Kuchen.
Viele Grüße
Lena
Herr Grün meint
Liebe Lena! Ich benutze Reinweinstein von Alnatura. Und du hast recht: Er enthält Natron. Das wusste ich gar nicht:) Habe gerade nachgeschaut. Meine Leser sind schlau:) Ich nehme mittlerweile in der Regel immer 1 geh. TL Reinweinstein und eine MS Natron. (also, wenn im Rezept 1 TL Backpulver steht). Das mit der Unter-Oberhitze werde ich ausprobieren. Viele Grüße Herr Grün
Lisa meint
Lieber Herr Grün,
auf der Suche nach möglichen Abwandlungen für meinen Lieblingskuchen (Meißner Quarktorte – ohne Boden nur lecker Quark mal mit mal ohne Früchte!) bin ich auf Ihren Test gestossen. Bei uns daheim gab es immer einen Natronkuchen (Blechschokokuchen mit Zuckerguss) – Danke für die Erinnerung daran und Ihr wundervolles Spiel mit Worten und Firmulierungen!
Eine Frage hab ich noch: Nach Ihrem Test müsste Backpulver immer dann austauschbar sein, wenn Säure im Teig ist. Ein Tütchen Backpulber hat m.E. 16 g Inhalt. Wieviel Natron entspräche das dann etwa?
Viele Grüße
Lisa
Herr Grün meint
Liebe Lisa! Meine Erkenntnis ist eher: Backpulver treibt. Natron hingegen wirft Bläschen und macht den Kuchen dadurch volumiger und luftiger. Das Natron reagiert auf Säure (bspw. Essig, Zitrone). Die optimale Mischung wäre, um diesen Effekt zu erreichen. Backpulver-Reinweinstein und Natron in Kombination. 🙂 Viele Grüße – Herr Grün
Nicole meint
Lieber Herr Grün,
du warst im Test doch recht unfair zu den Testkandidaten. Die verschiedenen Backtriebmittel haben unterschiedliche Ruhzeiten, die wurden leider nicht beachtet, sonst wäre das Ergebnis sicher anders ausgefallen.
Außerdem vermisse ich im Test das Backferment.
Da meine Tochter leider allergisch gegen Hefe und Natron (Backpulver ist gestrecktes Natron) allergisch ist, backen wir fast nur noch mit Backferment (wir bestellen immer einen fertigen Grundansatz). Das hat zwar eine deutlich längere Ruhzeit, schmeckt aber allen sehr lecker.
Da der “Bierteig” mit Wein statt Bier (enthält ja leider auch Hefe) 1:1 ausgetauscht wunderbar funktioniert hat, werden wir nun den Weinstein ausprobieren, allerdings in der wirklich reinen Form aus der Apotheke.
Viele Grüße
Nicole
Herr Grün meint
Liebe Nicole! Oh – du bist aber streng zu mir:) Im Ernst – der Artikel ist schon älter und mittlerweile habe ich viele zusätzliche Erfahrungen machen können. Ich verwende eigentlich nur noch Backpulver Reinweinstein von Alnatura (keine bezahlte Werbung:). Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. Du hast recht – es gibt viele andere Varianten und auch die Wirkzeit spielt eine Rolle. Ich werde den Artikel bald überarbeiten und auch deine Erfahrungen und Anmerkungen mit einbeziehen, wenn das für dich okay ist:)? Finde ich toll, dass du so experimentierfreudig bist. Super!! Viele Grüße aus dem Kochlabor – von Herrn Grün
Dieter meint
Lieber Herr Grün,
der Test ist äußerst interessant, das Ergebnis hat mich tatsächlich sehr überrascht. Der Grund dafür: handelsübliches Backpulver IST Natron (=Natriumhydrogencarbonat) plus Säurerungsmittel in Salzform (idR Biphosphate); letztere sollen die Zugabe von Zitronensäure/Essig/Buttermilch/ etc. Üüberflüssig machen, um das Natron “anzustoßen”. Auch ich gebe immer noch etwas zusätzliches Natron + Säure zu, um den Trieb zu verstärken. Wenn Natron allene einen geschmacklichen Unterschied zeigt, kann das eigentlich nur an den Biphosphaten liegen. Werde ich mal ausprobieren.
LG Dieter
Herr Grün meint
Lieber Dieter! Du hast recht, im Backpulver ist auch Natron. Ich denke auch, dass zusätzliches Natron den Effekt erhöht. Also – da ist meine Erfahrung. Vielen Dank und viele Grüße – Herr Grün
Albert meint
Hallo Herr Grün,
schön, dass Sie so interessante Themen aufgreifen. Danke.
Zu Ihrem Backtriebmittel-Test habe ich eine Frage.
Haben Sie “chemisches Natron” oder Naturnatron verwandt ?
Und gibt es da einen spürbaren Unterschied ?
Herzliche Grüße
Albert
Herr Grün meint
Hallo Albert!° Ich habe Kaisernatron verwendet:) Viele Grüße – Herr Grün